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dynamisierung des Bestbieterprinzips

... zum Vergaberecht grundsätzliche Anmerkungen aus der Position der Berufsgruppe der geistig Dienstleistenden.

Seit Bestehen der IG-architektur wird die Stellung von geistigen Leistungen im volkswirtschaftlichen Kontext einer Wissensgesellschaft diskutiert und kommentiert. Die aktuelle wirtschaftpolitische Diskussion zur Abwägung von Billigstbieter- und Bestbieterprinzip in der Sach- und Dienstleistungsproduktion ist aus dieser Sicht vor allem eine medial interessenspolitische der beteiligten Gruppen.
Durch die letzten Novellierungen des Vergabegesetztes wird die Abgrenzung zwischen Billigst- und Bestbieterprinzip aufgeweicht. Dabei wird argumentiert, dass Leistungen, die bereits bisher zum Ausschreibungszeitpunkt bis ins letzte Detail durch Zulassungskriterien, Vorbemerkungen, zwingend zu erfüllende Qualitätskriterien und konkrete positionsweise Leistungsbeschreibungen definiert werden können, nicht nach dem Billigstpreisprinzip ausgeschrieben werden können. Realpolitische Themen, wie Preisdumping, Sozialbetrug, freier Wett-bewerb ohne Rücksicht auf regionale oder branchenspezifisch Bestandssituationen lassen nach dem Bestbieterprinzip auch für diese Leistungen rufen. Was dabei nicht erwähnt wird, ist, dass all diese un-erwünschten Folgeerscheinungen genau so durch entsprechende Vorbedingungen in Leistungsbe-schreibungen verbindlich aufgenommen werden können. Bei entsprechender Prüfung sind solche Kriterien für die Zulassung oder Ausscheidung von Angeboten zu bewerten und führen zu klaren Ergebnissen. Die Gesamtheit der Leistung kann dabei zum Zeitpunkt der Beauftragung im vollen, inhaltlichen Umfang definiert werden. Damit ist die billigste Bieterin, die sämtliche Vorgaben erfüllt, auch mit dem Zuschlag zu versehen.

Ein Bestbieterprinzip in diesem Kontext würde argumentieren, dass bei Sach- und Dienstleistungen die Anbote eigentlich nicht direkt verglichen werden können und nur bei juryartigen Verhandlungen, eine Bestbieterin auserkoren werden kann. Dabei entsteht viel Spielraum für Interpretationen und Einflussnahmen, die bei exakt beschriebenen Leistungsanforderungen nicht notwendig sind. Als gelernte Marktteilnehmerinnen wissen wir, wie gewichtige Wettbewerberinnen sich in diesem Umfeld besonders gut ins Licht zu rücken verstehen und diesen Vorteil zu nutzen wissen.

Es ist daher eine klare inhaltliche Trennung von Bestbieter- und Billigstbieterprinzip, begründet durch die jeweilige Aufgabenstellung, weiterhin anzustreben.
• ist die zu erbringende Leistung und deren Rahmenbedingungen zum Zeitpunkt der Beauftragung klar definierbar - Billigstbieterprinzip.
• ist die zu erbringende Leistung zum Zeitpunkt der Beauftragung noch nicht als konkretes Produkt definierbar - Bestbieterprinzip.

Es wird aus Sicht von geistigen Dienstleistungsunternehmen daher die aktuelle Diskussion zum sozial- und wirtschaftspolitischen Nutzen des Bestbieterprinzips in die falsche Richtung geführt. Die knapp verteidigte generelle Beibehaltung des Bestbieterprinzips für geistige Dienstleistungen ist aus dieser Perspektive als kleiner abwehrerfolg in einer generellen Strategie der Öffnung der Vergaberegimes zu sehen.

LG Johannes Zeininger

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